Fehler machen erlaubt: Wie du Ängste überwindest und dein Selbstwertgefühl stärkst
Darf ich einen Fehler machen – oder bin ich dann falsch?
Fehler sind schlecht, das ist bei vielen von uns tief verankert. Vielleicht kennst du das aus deiner eigenen Schulzeit: Dort hat man dir beigebracht „Fehler = schlecht“. Bei mir war das auf jeden Fall so und zwar mit Beginn der Grundschule bis hin zum Abitur. Fehler wurden rot markiert, es gab Punktabzug und der ein oder andere Lehrer hat es geschafft, mich durch ein Stirnrunzeln oder einen wenig pädagogischen Kommentar noch stärker zu verunsichern.
Kein Wunder also, dass viele von uns noch heute innerlich erstarren, wenn sie einen Fehler machen – sei es im Job, in der Partnerschaft oder im Alltag. Dabei sind Fehler nicht nur menschlich, sondern unglaublich wertvoll. Es hat bei mir viele Jahre gedauert, bis ich das erkennen durfte. Und nein: Ich meine damit nicht, dass ich mich wahnsinnig freue, wenn ich einen Fehler mache. Ich weiß aber, dass ich daraus etwas lerne und es beim nächsten Mal anders machen kann.
In diesem Artikel möchte ich dich dazu einladen, fehlerfreundlicher mit dir umzugehen. Du erfährst, warum es so schwer ist, sich Fehler zu erlauben, wie du deinen inneren Kritiker zähmst – und bekommst 3 sofort umsetzbare Tipps, um gelassener mit deinen „Fehltritten“ umzugehen.
Warum Fehler uns so schwerfallen
Viele unserer heutigen Gedanken- und Gefühlsmuster stammen nicht aus der Gegenwart, sondern aus unserer Kindheit. In der Schule lernten wir früh: Fehler machen bedeutet Misserfolg. Wer Fehler macht, wird schlechter bewertet, bekommt weniger Anerkennung, fühlt sich beschämt.
Das konnte insbesondere mein Erdkundelehrer ganz hervorragend. Er hat uns zu sich vorne auf seinen Lehrertisch setzen lassen und dann mussten wir Orte auf der Landkarte benennen, auf die er zeigte. Und wenn man nicht richtig lag, wurde das vor der ganzen Klasse kommentiert. Heute würde wahrscheinlich schon allein das Sitzen auf seinem Lehrerpult mit dem daneben stehenden Lehrer für Konsequenzen durch die Elternschaft sorgen. In den 80ern war das eben einfach so und wurde nicht kritisch betrachtet.
Das Problem:
In solchen Situationen sind innere Anteile aktiv, die uns die Situation damals irgendwie haben überstehen lassen. Vielleicht ist so etwas wie eine innere Kritikerin entstanden, hat diese Botschaften übernommen und gibt sie auch heute noch fleißig wieder – ganz automatisch:
- „Das hättest du wissen müssen.“
- „Wie peinlich, dass dir das passiert ist.“
- „Andere schaffen das doch auch.“
Aber: Diese alte „Fehlerlogik“ funktioniert nicht im echten Leben. Denn Entwicklung bedeutet IMMER Irrtum, Ausprobieren, Lernen. Kein Mensch lernt Fahrradfahren oder eine neue Sprache fehlerfrei. Wie sollte das auch gehen? Warum also sollten wir uns bei emotionalen oder zwischenmenschlichen Themen Perfektion abverlangen?
Fehler als Chance – was wir gewinnen, wenn wir sie willkommen heißen
Es kann eine große Chance sein, wenn wir uns fragen, was uns unsere Fehler zeigen. Denn sie sind ein Hinweis darauf:
- Wo wir gerade stehen
- Was wir noch üben dürfen
- Welche Bedürfnisse hinter einem Verhalten stecken
- Wo wir mutig waren und etwas gewagt haben
Ein „Fehler“ ist oft einfach ein Hinweis darauf, dass du deine Komfortzone verlassen hast.
Das ist mutig. Das ist Wachstum. Das ist Leben. Nur wenn wir uns trauen, etwas Neues auszuprobieren, können wir wachsen und lernen.
Ich zitiere hier gerne einmal kurz den großartigen Albert Einstein: „Wer Fehler macht, probiert etwas Neues.“

Wie Fehlerangst dich blockiert – und was sie mit Angststörungen zu tun hat
Viele meiner Klientinnen, die unter Ängsten oder Panikattacken leiden, haben eines gemeinsam: Sie setzen sich selbst unter enormen Druck, alles richtig zu machen. Am besten nicht auffallen, alles tun, um nicht zu versagen, bewertet oder abgelehnt zu werden. Kennst du das auch von dir? Die Angst, zu versagen, abgelehnt oder bewertet zu werden, führt zu innerem Stress, zu Scham – und manchmal eben auch zur Vermeidung von Situationen, in denen Fehler „auffallen“ könnten. Mehr zum Thema Vermeidung findest du in meinem Blogartikel „Scham und Angst verstehen“.
Diesen Zusammenhang zwischen Angst vor Fehlern und innerem Stress zu erkennen, ist ein wichtiger Schritt: Wenn du deinen Umgang mit Fehlern veränderst, verändert sich auch deine innere Anspannung.
Drei alltagstaugliche Tipps, um fehlerfreundlicher mit dir umzugehen
Wie versprochen kommen hier drei Tipps, mit denen du lernen kannst, freundlicher mit dir umzugehen und Fehler als das zu akzeptieren, was sie sind. Nämlich ein ganz normaler Bestandteil deines Lebens und des stetigen Lernens.
Schritt 1: Stopp den inneren Kritiker – und hör deiner Unterstützerin zu
Beobachte in den nächsten Tagen bewusst, wie du mit dir sprichst, wenn dir etwas „misslingt“. Wie redest du in dieser Situation mit dir? Eher beschimpfend oder freundlich aufmunternd?
Stell dir dann vor, eine liebe Freundin hätte denselben Fehler gemacht. Was würdest du zu ihr sagen?
Verändere deinen inneren Ton, falls du entdeckt hast, dass du nicht sonderlich freundlich mit dir redest:
Statt: „Wie konnte mir das nur passieren.“ könntest du zum Beispiel sagen: „Das war jetzt nicht ideal – aber ich hab mein Bestes gegeben. Nächstes Mal läufts besser.“
Hier kommt noch eine Mini-Übung zu diesem ersten Schritt: Schreib dir bitte einmal 3 unterstützende Sätze auf einen Zettel, die du dir in solchen Momenten laut oder leise sagen kannst. Wie lauten deine 3 Sätze?

Schritt 2 und 3 auf deinem Weg fehlerfreundlicher mit dir umzugehen
Schritt 2: Üb dich im Perspektivwechsel
Stell dir nach einem vermeintlichen Fehler bitte einmal folgende Fragen:
- Was habe ich daraus gelernt?
- Was war vielleicht auch gut an dem, was passiert ist?
- Welche Fähigkeit oder Stärke zeigt sich gerade in meinem Umgang mit dem Fehler?
Diese Fragen können dir helfen, aus der Bewertung rauszugehen – und stattdessen die Lern- und Wachstumsbrille aufzusetzen. Wenn du Lust hast, schreib dir deine Erkenntnisse gerne auch auf, im Laufe der Zeit kannst du so wertvolle Impulse sammeln und auch auf deine Entwicklung zurückschauen.
Schritt 3: Führe ein „Fehler-und-Wachstum“-Tagebuch
Dieser Schritt passt prima, wenn du dir vielleicht sowieso schon vorgenommen hast, deine Gedanken schriftlich festzuhalten. Es soll kein weiteres To-Do auf deiner eh schon vollen Liste werden, aber schau doch mal, ob du 5 Minuten am Abend einplanen kannst, um dir die beiden folgenden Fragen zu beantworten:
- Welchen kleinen oder großen Fehler habe ich heute gemacht?
- Was habe ich daraus mitgenommen oder gelernt?
Dieser 3. Schritt trainiert dein Gehirn, Fehler mit Entwicklung zu verknüpfen – nicht mit Versagen. Ja, wir machen Fehler – das tun wir alle. Und wir können daraus etwas lernen und uns weiterentwickeln. Hierin die große Chance zu sehen, macht den Unterschied.

Fehlerfreundlichkeit ist Selbstfreundlichkeit
Fehler gehören zu uns wie das Ein- und Ausatmen. Sie zeigen, dass wir leben, lernen und wachsen. Je freundlicher du mit dir selbst in solchen Momenten umgehst, desto weniger Macht haben Angst, Scham oder Selbstkritik über dich. Deshalb möchte ich hier nochmal gesondert darauf hinweisen:
Du darfst Fehler machen. Du darfst daraus lernen. Du darfst dich trotzdem mögen.
Zum Mitnehmen für dich:
- Fehler sind Lernmomente, sie sind kein Urteil über deinen Wert.
- Unser Schulsystem hat uns schon früh in unserem Leben geprägt – aber du darfst neue, eigene Regeln für dein Leben aufstellen.
- Mit den oben genannten drei einfachen Übungen kannst du heute schon damit beginnen, freundlicher mit dir umzugehen.
Fazit: Du darfst Fehler machen und du darfst dich weiterenwickeln.
Wenn du merkst, dass dein innerer Kritiker dich oft klein hält – oder du unter Angst leidest, etwas falsch zu machen –, dann bist du nicht allein. In meiner Praxis in Köln-Dünnwald oder online begleite ich Menschen dabei, wieder in eine liebevolle Beziehung zu sich selbst zu kommen.
Falls du dir Begleitung wünschst, weil dich Ängste, Panikattacken oder eine Lebenskrise gerade stark belasten, melde dich gerne für ein kostenloses Kennenlerngespräch. Du kannst es dir ganz einfach über Doctolib buchen. Du musst da nicht alleine durch, gemeinsam schaffen wir das.
Für weitere hilfreiche Tipps abonniere gerne meinen Newsletter. Alles rund um Ängste, Phobien, Panikattacken und Stress findest du in meinem Blog und auf meinem YouTube Kanal.