Die 8 Prinzipien der Achtsamkeit - Teil 1
In diesem Artikel möchte ich dir die 8 Prinzipien der Achtsamkeit näher bringen. Wir starten mit den ersten 4 Prinzipien, im nächsten Blogartikel folgen dann die weiteren 4. Diese Prinzipien sollen zu dem gewünschten Bewusstseins-Zustand im Hier und Jetzt führen. Sie bringen uns das Konzept der Achtsamkeit greifbar nahe, anders als die Begriffsdefinition aus dem vorherigen Blogartikel, die vielleicht etwas theoretisch ist.
Die Prinzipien können dir helfen, immer wieder in die Präsenz zurückzukommen. Gerade in unserem heutigen Alltag, der voller Reize und Ablenkungen steckt, sind diese 8 Prinzipien eine Hilfe, um wieder in die Präsenz des Augenblicks zu kommen.
Wenn du dir die 8 Prinzipien der Achtsamkeit gleich durchliest, stell dir dabei bitte immer wieder die folgende Frage: „Was kann mir dabei helfen, mit dem was ist, in Kontakt zu kommen?“
Das 1. Prinzip - „Das Nicht-Urteilen oder die Wertneutralität“
Dieses erste Prinzip unterstützt dich dabei, in eine offene innere Haltung zu kommen und aus Gedankenspiralen auszusteigen oder andere Kreisläufe zu unterbrechen. Es ist eine offene Haltung allen Ereignissen gegenüber, die es dir ermöglicht, nicht gleich in „gut“ oder „schlecht“ zu unterteilen.
Im ersten Schritt nimmst du hierbei erst einmal wahr, dass du gewertet hast. Also etwas in eine Schublade gesteckt hast. Erst wenn du in der Lage bist, sofort zu bemerken, dass du wertest oder urteilst, hast du die Möglichkeit zu entscheiden. Du kannst dich für deine Bewertung der Situation oder Person entscheiden oder für eine erneute Betrachtung. Es geht darum, dass lernst, alles auch „so sein lassen“ zu können und einfach wahrzunehmen ohne Bewertung.
Ganz wichtig: Verurteile dich nicht selbst dafür, wenn du bemerkst, dass du bewertest. Es ist toll, dass du dies wahrnimmst! Sei stolz auf dich, dass du es bemerkst. Nun kannst du einen Schritt zurücktreten und zum Beispiel einfach einmal benennen, was du im Moment fühlst. Du lernst gerade ganz viel hinzu, nimmst wahr. Sei nett zu dir selbst. Es ist ein Prozess der Übung erfordert.
Das 2. Prinzip „Der Anfängergeist“
Bei diesem 2. Prinzip geht es darum, dir der Einzigartigkeit der momentanen Situation bewusst zu werden. Es hilft dir dabei, nicht in den Autopiloten-Modus zu geraten und durch all die erlernten Routinen zu glauben, dass du bereits alles weißt, alles kennst. Dabei lässt du deine bisherigen Erfahrungen außer Acht, lässt dich neugierig auf die Situation ein und gewinnst neue Erfahrungen und Erkenntnisse.
Im MBSR gibt es hierzu die Rosinen-Übung, bei der du ganz bewusst 3 Rosinen isst. Anfangs denkst du wahrscheinlich: „Was soll denn das? Ich weiß doch, wie Rosinen schmecken.“ Ich möchte dich dazu einladen, diese Übung einmal zu machen. Du wirst erstaunt sein, was du dabei alles entdecken kannst. Eine genaue Anleitung zur Übung findest du in Kürze auf meinem Blog.
Es geht beim Anfängergeist also um das bewusste Verlassen des bisherigen, bestens eingefahrenen Profimodus – deines Autopiloten – und um den offenen, direkten Kontakt zu dem, was ist. Du machst dabei ganz neue Erfahrungen und lernst, deine erlernten Routinen zu verlassen und dich offen, neugierig und spielerisch auf Situationen, Personen, Dinge einzulassen. Ein bisschen so, wie jemand, der gerade ein neues Musikinstrument oder eine Sprache lernen möchte und sich jetzt erstmal einen Überblick verschafft. Du kannst es erstmal einfach auf dich zukommen lassen. Offen und neugierig. Es ist so befreiend, dir zu erlauben, dass du nicht alles wissen und können musst und dazulernen darfst.
Das 3. Prinzip „Die Geduld“
Heutzutage versuchen wir alles zu optimieren. Es soll alles noch schneller, effektiver und in immer kürzerer Zeit ablaufen. Am besten parallel mit anderen Tätigkeiten. Läuft es dann nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten, verlieren wir die Geduld. Wir geraten in Streit mit Kollegen, dem Partner, den Kindern. Und wir hetzen durch unseren Tag.
Bei diesem 3. Prinzip geht es darum, anzuerkennen, dass es so lange dauert, wie es eben dauert. Es bedeutet, dass wir anerkennen, dass die Dinge ihre Zeit brauchen. Dass du auf bestimmte Dinge keinen Einfluss hast, nichts erzwingen oder kontrollieren kannst.
Damit schaffen wir wieder Raum für das, was gerade passiert. Du kannst damit bewusst nur die Energie einsetzen, die der Prozess tatsächlich von dir verlangt und musst keine Energie für den Versuch verwenden, etwas zu beschleunigen, das du nicht beschleunigen kannst. Falls du dich beim Beobachten der Situation ärgerst, ist dies das Zeichen dafür, dass du das, was gerade ist, nicht akzeptierst und ablehnst.
Für mich persönlich eine der größten Herausforderungen dieser 8. Prinzipien. Oft kann es mir nicht schnell genug gehen. So viele neue Ideen und so viel, das umgesetzt werden könnte. Und das Kind kommt mit den Hausaufgaben einfach nicht vorwärts. Oder der Partner könnte das, was er gerade tut, doch schneller erledigen.
Dies alles wahrzunehmen und bewusst einen Gang runterzuschalten, lässt einen stressfreien Zustand entstehen und die Möglichkeit, die vielen Details zu entdecken. Sicherlich kennst du das noch aus deiner Kindheit. Wie fasziniert konntest du einen Schmetterling beobachten und alles um dich herum vergessen?
Meine Tante hat mir zu meiner Grundschulzeit einen Spruch in mein Poesiealbum geschrieben, der dies wunderbar zusammenfasst: „Gib mir die Kraft, Dinge zu verändern, die ich verändern kann. Gib mir die Geduld, anzunehmen, was ich nicht ändern kann. Und gib mir die Weisheit, beides von einander zu unterscheiden.“
Es geht hierbei nicht um ein resigniertes Hinnehmen von Situationen. Deine Energie für Situationen zu nutzen, die du ändern kannst und wo dies Sinn macht, ist wunderbar. Aber zu erkennen, dass alles seine Zeit braucht, nimmt ganz viel Druck raus.
Das 4. Prinzip „Das Vertrauen“
Nun sind wir schon beim 4. Prinzip unserer Reihe angelangt. Es geht um das Vertrauen. Insbesondere in das Vertrauen in unseren Körper. Im Laufe der Jahre verlieren viele Menschen das Vertrauen in ihren Körper, aber auch in ihre innere Stimme. Vertrauen in die eigene Stärke zu haben, fällt dann schwer.
Es geht also hierbei darum, das Vertrauen insbesondere in den eigenen Körper und in die Signale, die er uns sendet, wiederzuerlangen. Dies geschieht durch verschiedene Übungen, wie z.B. den Bodyscan oder auch Yoga. Du lernst dabei wieder, die Signale wie Wohlbefinden oder unangenehme Körpersymptome wahrzunehmen und wieder richtig zu deuten.
Wer kennt das nicht: Der Nacken schmerzt, aber du musst diese Präsentation noch fertig machen. Du schimpfst innerlich auf deinen Körper, weil er nicht so macht, wie du das willst. Und statt auf deinen Körper zu hören, gibt`s vielleicht eine Schmerztablette und weiter geht`s. Und irgendwann werden die Körpersignale unübersehbar. Es ist kein einfaches Zwicken mehr, du kannst vielleicht eines Tages die gesamte Schulterpartie nicht mehr richtig drehen. Das Arbeiten am PC wird zum schmerzhaften Prozedere. Unser Körper muss sich auf diese Weise bemerkbar machen. Es muss weh tun, damit wir uns aufrappeln und etwas ändern. Dein Körper funktioniert prima, er macht seine Arbeit und sich bemerkbar. Aber was nun tun?
Durch Übungen wie z.B. den Bodyscan lernst du, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen. Du lernst, wieder besser auf deinen Körper, auf deine innere Stimme zu hören. Auch Yoga z.B. Achtsamkeits-Yoga ist hierfür sehr gut geeignet. Schau einfach mal, was dir Spaß macht. Ich muss gestehen, den Body-Scan fand ich anfangs nicht so toll. Aber wie es ja so schön von Jon Kabat-Zinn heißt: Es muss dir keinen Spaß machen, tu es einfach.“ Und nach einiger Zeit – tatsächlich schon ab der 2. Woche – lief es viel besser. Ich hatte die für mich richtige Zeit und Position gefunden und konnte mich schon bald in die einzelnen Körperteile hineinspüren und bei kommenden Gedanken schnell wieder ins Hier und Jetzt zurückkehren. Lass dich also nicht zu schnell abschrecken. Mit Zeit und Übung ist der Body-Scan eine tolle Sache, um den Körper wieder besser spüren zu können.
So erkennst du dann immer früher, wenn etwas nicht guttut und kannst frühzeitig gegensteuern. Für einen gesundenen Körper und mehr Gelassenheit in deinem Leben.
In Kürze erscheint der nächste Artikel zu dieser Reihe, in dem wir uns dann die weiteren 4 Prinzipien der Achtsamkeit genauer anschauen werden.
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