Angst nachhaltig überwinden: Warum schnelle Tipps oft nicht reichen
Atemübungen, Podcasts, Meditationen, gute Ratschläge von Freundinnen – mit dem Wunsch, deine Angst zu überwinden, hast du wahrscheinlich schon so einiges ausprobiert. Manchmal hilft das auch mal mehr und mal weniger lang und dann ist das mulmige Gefühl wieder da. Dieses Auf und Ab kann wahnsinnig frustrierend sein. Vielleicht fragst du dich sogar, ob mit dir etwas nicht stimmt, weil die Angst immer wiederkehrt.
Die gute Nachricht: Es ist völlig normal, dass schnelle Tipps teilweise nur für den Moment wirken. Auch ich gebe in meinen Artikeln oft Tipps, die schnell und einfach umsetzbar sind – allerdings immer mit dem Hinweis, dass Veränderung ein Prozess ist und der braucht eben seine Zeit.
Zudem ist Angst meist ein tief verankertes Muster – und um sie wirklich zu überwinden, braucht es einen Weg, der dein Nervensystem langfristig beruhigt und neue Erfahrungen möglich macht.
In diesem Artikel erfährst du:
- warum schnelle Tipps teils nur kurzfristig helfen
- welche Rolle dein Nervensystem und alte Schutzmuster spielen
- 5 Strategien, um Angst Schritt für Schritt hinter dir zu lassen
Warum schnelle Tipps bei Ängsten oft nicht ausreichen
Atemtechniken, Ablenkung oder beruhigende Gedanken sind ein wenig wie Schmerztabletten: sie lindern das Symptom, aber sie allein genommen helfen nicht langfristig. Angst ist ein Zusammenspiel aus Gedanken, Gefühlen und körperlichen Reaktionen – und oft das Ergebnis von vielen Jahren, in denen dein Körper gelernt hat, Alarm zu schlagen.
Dein Gehirn und dein Nervensystem haben diese Reaktion gespeichert. Deshalb reicht es nicht, einmal tief durchzuatmen – es braucht Wiederholung und neue Lernerfahrungen, damit sich dein System wirklich umstellt.
Wie oben schon beschrieben, bekommst du in meinen Artikeln immer wieder kleine Impulse, die für den Moment hilfreich sind, aber auch langfristig helfen können. Der Punkt ist aber immer: Die Veränderung geschieht nicht von heute auf morgen. Es braucht Zeit. Egal, ob du in Therapie bist, zum Coaching gehst oder dir allein mit Hilfe von Ratgebern und Blogartikeln hilfst: Bitte gib dir und deinem Körper die Zeit, die Veränderung benötigt. Viele Sachen kannst du für dich allein ausprobieren, z.B. die körperorientierten Übungen, aber manchmal braucht es auch einfach die Unterstützung einer anderen Person. Das ist kein Zeichen von Schwäche. Es ist mutig, sich Hilfe zu holen.
Hypnosystemischer Blick: Angst als Schutz verstehen
Auch wenn sie sich schrecklich anfühlt: Deine Angst hat eine wichtige Funktion. Ein gewisses Maß an Angst für jeden Menschen sinnvoll. Hättest du diese Angst nicht, würdest du einfach über eine Autobahn laufen oder die leuchtend roten Pilze im Wald essen. Angst schützt also. Bei großen Ängsten oder gar Panikattacken ist sie aber völlig aus dem Ruder gelaufen. Sie möchte dich schützen – vor Gefahr, Ablehnung oder Schmerz, tut das aber im falschen Ausmaß. Wenn wir das Beispiel der Alarmanlage nehmen, dann löst sie einen Fehlalarm aus – und das meist ganz schön häufig. Vielleicht war es früher hilfreich, besonders wachsam oder vorsichtig zu sein. Heute kannst du rein kognitiv erfassen, dass da keine Gefahr ist, aber dein Körper schlägt Alarm.
Da ich in der hypnosystemischen Therapie sehr gerne mit Ego States (Anteilen) arbeite, werfen wir meist einen Blick auf die Anteile, die in den Angstsituationen präsent sind. Wir schauen, wer da besonders laut ist und warum das früher wahrscheinlich sinnvoll war, heute aber störend ist. Wenn du diese ängstlichen Anteile in dir anerkennst, statt sie zu bekämpfen, entsteht etwas Neues: innere Kooperation. Aus dem Gegeneinander wird ein Miteinander. Das ist – gemeinsam mit Atemtechniken, Embodiment (körperorientierten Tools), Achtsamkeit und Tools aus der Verhaltenstherapie – die Basis für nachhaltige Veränderung.
Auch wenn das niemand gerne hören möchte, denn es ist eben nicht die schnelle und einfache Zauberlösung: Veränderung braucht Zeit. Es ist nötig hinzuschauen und die Angst anzunehmen. Wenn wir versuchen, die Angst zu bekämpfen, dann wird sie nur stärker. Deshalb möchte ich dir mit auf den Weg geben: Du kannst das. Gib dir selbst Zeit und probiere aus, welche Strategien für den Umgang mit deiner Angst für dich hilfreich sind.

5 Strategien, um deine Angst nachhaltig zu überwinden
An dieser Stelle möchte ich dir Tipps und Tools an die Hand geben, die dir sowohl kurz- als auch langfristig aus deiner Angst helfen können. Ich kann es nicht oft genug schreiben: Veränderung benötigt Zeit. Probiere Sachen für dich aus und schau, ob sie zu dir passen. Geh lieber viele kleine Schritte, statt dich zu überfordern. So kannst du erfahren, dass du selbstwirksam bist und du wirst merken: „Ich kann das schaffen.“
- Nervensystem trainieren statt nur beruhigen
Atemübungen sind super – wenn du sie regelmäßig machst. Übe nicht nur, wenn die Angst da ist, sondern täglich: sanftes Atmen in den Bauch mit verlängerter Ausatmung durch den Mund, Summen oder auch leichte Bewegung. So lernt dein Körper, dass Ruhe sicher ist. Du kannst zum Beispiel versuchen, lockere aufrechte Bewegungen zu machen, ein bisschen hin- und herlaufen, die Arme schlackern lassen oder hüpfen. Wenn dein Körper locker ist, hat die Angst es schwer.
- Innere Dialoge verändern
Sprich mit dir selbst, als wärst du deine beste Freundin. Statt „Oh nein, nicht schon wieder Angst!“ könntest du zum Beispiel sagen: „Danke, dass du mich warnen willst. Aber ich bin gerade in Sicherheit.“ So nimmst du Druck aus deinem System. Du musst das natürlich nicht laut sagen, sprich einfach in Gedanken mir dir selbst.
- Trigger bewusst konfrontieren – in kleinen Schritten
Wir neigen dazu, die Dinge zu meiden, die uns Angst machen. Das ist vollkommen verständlich. Allerdings ist es oft so, dass dann mehr und mehr Dinge vermieden werden. Bei manchen Menschen endet es damit, dass sie das Haus nicht mehr verlassen möchten. Statt alles zu vermeiden, wäre mein Vorschlag: Taste dich langsam heran. Wenn dich z. B. Supermärkte stressen, geh erstmal einkaufen, wenn nicht ganz so viel los ist. Oder brich es dir in ganz kleine Schritte runter: Erstmal nur für zwei Minuten hineingehen, bewusst atmen und wieder rausgehen. Ganz wichtig: Feier diesen kleinen Erfolg! Dein Gehirn lernt: „Ich kann das schaffen.“
- Ressourcenanker aufbauen
In der Therapie nutze ich Anker bei den meisten meiner Klienten. Wir gehen mit allen Sinnen in den ausgewählten Wohlfühlmoment und wenn das gewünschte Gefühl ganz stark ist, dann wird ein Körperanker gesetzt (z.B. Finger aufeinanderdrücken). Das kannst du im Kleinen auch zu Hause machen. Suche dir Dinge, die dir sofort ein Gefühl von z.B. Sicherheit und Ruhe geben: ein Urlaubsmoment, ein Lieblingslied, ein beruhigender Duft, ein Foto, das dich lächeln lässt. Nutze diese Anker bewusst, wenn die Angst sich meldet. Wir haben viel mehr Macht, als wir meist glauben, und du kannst deinen Körper aus dem Angstmodus herausholen. Es braucht einfach ein bisschen Zeit und Übung.
- Routine & Selbstfürsorge einbauen
Jetzt kommt ein Punkt von dem ich weiß, dass du das alles schon tausend Mal gehört hast. Aber es ist so wichtig. Regelmäßiger ausreichender Schlaf, Bewegung, gute Ernährung und kleine Pausen sind kein Luxus, sondern die Basis für ein reguliertes Nervensystem. Es ist sehr wichtig, du dir all das regelmäßig gönnst. Viel wichtiger als Perfektion. Geh lieber kleine Schritte, die du wirklich durchhältst.
FAZIT: Ängste nachhaltig verändern ist möglich
Vielleicht fühlst du dich manchmal ausgeliefert, aber das bist du nicht. Dein momentan vielleicht noch dysreguliertes Nervensystem kann sich verändern und du kannst es dabei unterstützen. Es braucht Zeit, Geduld und Freundlichkeit mit dir selbst. Jede kleine Veränderung zählt. Du bist nicht deine Angst und du bist ihr nicht hilflos ausgeliefert. Du bist viel mehr als das – mutig, lernfähig und voller Möglichkeiten.
Möchtest du mehr darüber erfahren, wie du deine Ängste langfristig überwinden kannst? Schau dich gerne auf meinem Blog um, abonniere meinen Newsletter oder vereinbare ein kostenloses Kennenlerngespräch mit mir. Ich freue mich, dich auf deinem Weg zu begleiten.
Du musst da nicht alleine durch, gemeinsam schaffen wir das.