Veränderung ist möglich
TEIL 1
Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung mit Tipps für eine dauerhafte Veränderung deiner Gewohnheiten.
Lesedauer ca. 15 Minuten.
Kennst du auch die alljährlichen Silvester-Vorsätze? Diese Aufbruchsstimmung? Diesmal gehst du es endlich an, im neuen Jahr wird es klappen. Aber dann kommt ganz schnell der Alltag wieder und die Gewohnheiten. Und schwupps, sind die guten Vorsätze wieder abgelegt.
Jedes Jahr geht es ca. 80 Prozent der Menschen so, die sich vornehmen, etwas in ihrem Leben zu verändern. Du bist damit nicht allein, ganz im Gegenteil. Es liegt auch nicht an deiner Willensschwäche. Die Gehirnforschung weiß mittlerweile: Wir können uns verändern! Aber wir müssen es „gehirngerecht“ tun und mit einer Portion Geduld und Beharrlichkeit. So werden aus kleinen Trampelpfaden regelrechte Autobahnen im Gehirn.
Für diesen Artikel habe ich Aussagen der Hirnforschung, der Motivations- und Emotionsforschung, Strategien der Verhaltenstherapie, der Hypnotherapie und des ressourcenorientierten Coachings zusammengetragen. Nichts davon habe ich neu erfunden, ich fasse lediglich zusammen und versuche dir einen roten Faden an die Hand zu geben. Ich baue auf der Forschung und den Erfahrungen der wunderbaren Wissenschaftler und Therapeuten auf, die dieses Wissen für uns alle zugänglich gemacht haben.
Mit guten Strategien, die auch die Vorgänge in deinem Gehirn berücksichtigen, rückt dein Ziel in greifbare Nähe. Dabei ist es wichtig, dass ich dir ein wenig über den Aufbau unseres Gehirns erzähle, damit du die Zusammenhänge besser verstehen und entsprechend handeln kannst. Ich versuche es so knapp wie möglich zu halten, versprochen. Unsere Vernunft sitzt im präfrontalen Kortex. Das ist eine nur 3mm dicke Hirnstruktur, die für das bewusste Denken, die Umsetzung von Entscheidungen und Vorsätzen und die Impulsunterdrückung zuständig ist. Der ganze Rest der unter dieser Schicht liegenden Hirnstrukuren arbeitet hingegen unbewusst.
Es gibt das reflektive sowie das impulsive System. Das reflektive System ist für die Kontrolle von Verhalten zuständig. Hierdurch kannst du dich konzentrieren, aufmerksam sein, Entscheidungen treffen, unerwünschte Impulse unterdrücken. Du brauchst es immer dann, wenn langfristige Ziele umgesetzt werden sollen und eine momentane Verlockung im Zaum gehalten werden soll. Das impulsive System hingegen ist auf unmittelbaren Lustgewinn aus, vielleicht magst du es auch als deinen inneren Schweinehund bezeichnen.
An erster Stelle: Ohne Gewohnheiten wären wir hoffnungslos verloren. Der Begriff ist oft negativ belegt, aber was würdest du tun, wenn du bei all den Dingen, die ganz automatisch ablaufen, nachdenken müsstest? Auto fahren, Zähne putzen, Kaffee kochen, Schuhe zubinden usw. – du müsstest unglaublich viel Energie auf die einfachsten Dinge verwenden. Gewohnheiten sind also an erster Stelle nützlich, lebenswichtig und energiesparend.
Vielleicht verurteilst du dich auch für einige deiner Gewohnheiten? Bekämpfst sie, möchtest sie unterdrücken und bekämpfst dabei auch dich selbst? Denn auch vermeintlich schlechte Gewohnheiten sind ein Teil unserer Persönlichkeit und hinter jeder dieser Gewohnheiten verbirgt sich im Inneren etwas Positives. Sie sorgen für kurzfristig positive Emotionen und helfen, unangenehme Gefühle zu vermeiden und positive Gefühle zu erzeugen.
Kurzfristig führt die Gewohnheit zu einem guten Gefühl und das Gehirn möchte dieses Gefühl immer wieder erleben. Aus diesem Grund greifen wir besseren Wissens zur Schokolade, dem Feierabend-Wein, bleiben auf der Couch, statt ins Fitnessstudio zu gehen und hüpfen von WhatsApp über Instagram zu Facebook. Diese Gewohnheiten sorgen kurzfristig für Geborgenheit, vertreiben Einsamkeit, belohnen für den stressigen Tag.
Gewohnheiten geben zudem Sicherheit. Dein Gehirn arbeitet nach dem Motto: „Mach es so wie immer! Das hat in der Vergangenheit nicht geschadet, also wird es jetzt auch nicht schaden.“ Das Gehirn liebt Routine und belohnt denjenigen, der bei seinen Gewohnheiten bleibt, mit Gefühlen von Sicherheit, Geborgenheit und Stabilität.
Meist hast du dir deine Gewohnheiten nicht selbst ausgesucht. Sie sind durch unbewusste Nachahmung, Erziehung, Vorbilder oder auch einfach durch die Art entstanden, wie du dich belohnst. Gewohnheiten laufen immer reflexhaft in der Gegenwart ab. Eine Abwägung, ob das Verhalten nun gerade zielführend, gesund oder sinnvoll ist, findet nicht statt. Es geht um kurzfristige positive Emotionen bzw. die Vermeidung negativer Emotionen. Kurzfristig kein Problem. Langfristig kann diese Ausrichtung aber ernsthafte Folgen haben. Das Feierabendbier schadet auf kurze Sicht nicht, aber langfristig kann es zu Alkoholismus führen. Die Belohnung durch Süßigkeiten ist ab und zu kein Problem, langfristig kann sie aber in Übergewicht und Diabetes enden. Den Abend mal mit Netflix zu verbringen ist kein Problem, aber wenn es zur Gewohnheit wird, kann Bewegungsmangel entstehen.
Zur Problematik kann es dann werden, wenn dir ein nicht wünschenswertes Verhalten in Fleisch und Blut übergegangen ist. Dein Gehirn geht dann in den Energiesparmodus, die Basalganglien – auch als Gewohnheitszentrum bezeichnet – übernehmen und du bist im Autopilot. Sehr praktisch, bei Tätigkeiten, die du alltäglich ausführen musst und wo hierdurch Energie gespart werden kann. Bei unerwünschten Verhaltensweisen jedoch mehr als unpraktisch, denn du merkst vielleicht gar nicht, was da gerade passiert.
Nun hast du bereits einiges über dein Gehirn lernen können und all dies bedeutet, dass die Veränderung oder das neue Erlernen von Gewohnheiten, mit dem bewussten und systematischen Einüben beginnt. Denn nur dann bekommt dein Gehirn nach einer gewissen Zeit die Möglichkeit, die Basalganglien einzusetzen und für diese Gewohnheit den Autopilot einzuschalten.
Jeder Neustart ist mit Aufwand verbunden, das will ich dir hier gar nicht verheimlichen. Es kommen aber in den folgenden Blogartikeln auch ein paar Tipps, mit denen dir dieser Prozess leichter fallen wird. Es gilt: Übung macht den Meister. Egal ob beim Vokabel lernen oder einer neuen Sportart: Wiederholung macht es mit jedem Mal leichter.
Wo am Anfang in deinem Gehirn kleine Trampelpfade entstehen, wie Prof. Manfred Spitzer es nennt, so werden diese mit jeder Wiederholung immer breiter, bis richtige Autobahnen entstehen können. Dein Gehirn kann ein Leben lang lernen, es passt sich an und verändert sich. Dies geschieht aber nur, wenn durch Wiederholung und reales Training die Trampelpfade immer stärker werden. Die Wissenschaft geht aktuell davon aus, dass es 30 – 60 Wiederholungen bedarf, bis ein Verhalten im Gehirn verankert ist. Je nach Verhaltensziel sprechen wir hier von 66 Tagen oder ca. 10 Wochen.
Das hört sich jetzt erst einmal viel an, aber wenn du erst einmal losgelegt hast, wird es von Woche zu Woche einfacher.
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Ich hoffe, ich konnte dir mit diesem Blogartikel einen guten Überblick über den theoretischen Teil eines Veränderungsprozesses geben. Im nächsten Blogartikel wird es dann zu deinen ersten Schritten in Richtung Veränderung gehen.
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